Adoption und Bindungstrauma – Wenn frühe Trennung Spuren hinterlässt
Ich kenne dieses Gefühl sehr gut. Ich bin adoptiert – und lange Zeit war ich überzeugt, dass meine Geschichte ein Schatten ist, den man besser nicht zeigt. Doch tief in mir war da immer etwas, das sich nicht ganz verbunden fühlte. Ein Gefühl von Verlust, das ich mir lange nicht erklären konnte. Erst viel später verstand ich: Es war das Echo einer frühen Trennung – ein Bindungstrauma, das seinen Ursprung weit vor meiner bewussten Erinnerung hatte.
Adoption und Bindung – warum beides so eng verbunden ist
Adoption bedeutet für ein Kind nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch: eine Trennung von der ursprünglichen Bindungsperson, meist der leiblichen Mutter. Diese erste Trennung ist – egal wie liebevoll das neue Umfeld auch ist – ein tiefer Einschnitt in die seelische und körperliche Entwicklung. Denn Bindung entsteht im Körper, im Nervensystem, in den frühesten Erfahrungen von Sicherheit, Nähe und Resonanz.
Wenn diese Bindung plötzlich wegbricht, entsteht ein inneres Gefühl von Unsicherheit, ein unbewusstes Misstrauen: „Kann ich sicher sein, dass jemand bleibt?“ oder „Muss ich etwas Bestimmtes tun, um geliebt zu werden?“
Dieses frühe Trauma wirkt oft subtil weiter – in Beziehungen, in Selbstbildern, in dem ständigen Versuch, „richtig“ zu sein.
Wenn Liebe auf Erwartungen trifft – die unsichtbare Dynamik in Adoptivfamilien
Adoptivfamilien gehen ihren Weg meist mit viel Liebe, Hoffnung und einer großen Sehnsucht. Viele Adoptiveltern haben selbst eine lange, schmerzvolle Zeit hinter sich – voller unerfülltem Kinderwunsch, medizinischen Eingriffen, Enttäuschungen und Warten. Wenn dann endlich ein Kind kommt, ist es oft mit einem tiefen Wunsch verbunden: „Jetzt wird alles gut.“
Und genau darin liegt – so paradox es klingt – manchmal eine Last für das adoptierte Kind.
Denn das Kind spürt, oft ohne Worte, diese Erwartung: dass es das Glück der Eltern „wiedergutmachen“ soll, dass es die Lücke füllen darf, die so lange geschmerzt hat. Und weil Kinder feinfühlig sind, beginnen sie – meist unbewusst – diese Rolle zu erfüllen. Sie passen sich an, sie werden „brav“, „lieb“, „unkompliziert“.
Doch innerlich entsteht dabei oft ein stiller Konflikt:
„Ich darf nicht schwierig sein, sonst verliere ich die Liebe wieder.“
Selbst wenn die Eltern „alles richtig machen“ und „es nur gut meinen“ – was sie in aller Regel tun – bleibt das unbewusste Erleben im Körper des Kindes bestehen. Das Gefühl, sich die Zugehörigkeit verdienen zu müssen. Das Gefühl, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist.
Wie es mich geprägt hat
Mein eigener Weg durch Schmerz und Heilung
Auch ich habe diese unsichtbare Spannung in mir getragen. Auf der einen Seite Dankbarkeit – für Eltern, die mich aufnahmen, mir ein Zuhause gaben, mir Chancen ermöglichten. Auf der anderen Seite ein stilles, schwer fassbares Gefühl: Etwas in mir fehlt. Etwas fühlt sich nicht ganz sicher an.
Lange habe ich versucht, perfekt zu sein – die Erwartungen zu erfüllen, niemanden zu enttäuschen. Ich funktionierte. Ich war stark. Aber innerlich blieb ein Riss, den keine Leistung schließen konnte. Erst als ich begann, meine Geschichte wirklich zu fühlen – mit all dem Schmerz, der Wut, der Sehnsucht und der Trauer – begann Heilung.
Was ich gefunden habe – und was mich heute trägt
Durch diesen Weg habe ich etwas entdeckt, das ich ohne meine Geschichte nicht hätte:
eine tiefe Empathie für mich selbst und für andere Menschen mit ähnlichen Verletzungen,
ein feines Gespür für unausgesprochene Gefühle,
und eine Stärke, die nicht aus Leistung, sondern aus Hingabe an das eigene Sein entsteht.
Ich habe gelernt, dass Verletzlichkeit keine Schwäche ist, sondern der Zugang zu echter Verbindung.
Psychotherapie für Adoptierte – Heilung und Potential
Heute begleite ich Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben – Adoptierte, Pflegekinder, Menschen mit früher Trennungserfahrung oder unerklärlicher innerer Unruhe.
Ich weiß, dass jede Geschichte – so schmerzhaft sie auch sein mag – eine Ressource in sich trägt.
Hinter dem, was einmal Schutz war – Rückzug, Kontrolle, Funktionieren – steckt oft etwas sehr Wertvolles:
eine hohe Sensibilität,
eine tiefe Wahrnehmungsfähigkeit,
ein wacher Sinn für Verbindung, Echtheit und Integrität.
Diese Qualitäten entstehen aus der Notwendigkeit, zu überleben – und sie können, wenn sie gesehen und integriert werden, zu unglaublicher Stärke und Mitgefühl führen.
Ich sehe in jedem Menschen, der mit einer frühen Verletzung lebt, ein enormes Potential.
Nicht, weil das Leid schönzureden wäre – sondern, weil in der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte Wachstum, Bewusstsein und Lebendigkeit entstehen.
Meine Arbeit soll Mut machen:
Mut, hinzuschauen.
Mut, zu fühlen.
Mut, das eigene Licht nicht länger zu verstecken.
Körper, Emotion und Bindung – der Schlüssel zur Heilung
In meiner Arbeit verbinde ich Körperpsychotherapie, traumasensible Begleitung und meine eigene Lebenserfahrung.
Denn Heilung geschieht dort, wo Worte aufhören und der Körper sprechen darf.
Hier darfst Du:
spüren, wo Spannung Dich schützt,
lernen, Dich selbst zu halten,
alte Bindungsmuster verstehen, ohne sie zu verurteilen,
und neue Erfahrungen von Nähe und Sicherheit im Hier und Jetzt entstehen lassen.
Dein Weg zu Dir – mit allem, was Dich ausmacht
Heilung bedeutet nicht, dass die Vergangenheit verschwindet.
Sie bedeutet, dass Du sie anschauen kannst, ohne Dich darin zu verlieren.
Dass Du aus der Geschichte, die Dich einst verletzt hat, heute Deine Kraft schöpfst.
Ich wünsche mir, dass Du erkennst: Du bist nicht kaputt. Du bist gewachsen – inmitten von Schmerz, Verlust und Sehnsucht.
Und genau darin liegt Deine Schönheit und Deine Stärke.
Wenn Du Dich in meinen Worten wiedererkennst, findest Du auf meiner Seite Psychotherapie für Adoptierte weitere Informationen über meine Arbeit und Begleitung.
Vielleicht ist jetzt der Moment, Dich auf den Weg zu machen – zu Deinem Körper, zu Deiner Geschichte, zu Dir selbst.

